DDDBMT Phase II: Storytellers (1967-1968)

Bild Werbeanzeige zu Okay Nachdem sie durch eine Chartposition ausserhalb der Top Ten mit "Touch Me Touch Me" aufgrüttelt waren, begannen Howard & Blaikley über einen anderen Ansatz in Bezug auf die Veröffentlichungen der Band nachzudenken. Obwohl die nächste Single "Okay" den bekannten Schwung der vorangegangen Hits hatte, bot es auch einen kontinentalen, leicht zigeunerhaften Klang. Tich bekam für den Song eine Balalaika und mit all dem Getsampfe auf einer hölzernen Plattform, die Rowland im Studio aufgestellt hatte, entwickelte es sich zu einer ihrer wildesten Aufnahmen. Dennoch brachte sie die Band tatsächlich wieder auf den Weg, als sie auf #4 in England kletterte und #5 in Deutschland im Mai 1967.

Hiernach und nach der ganzen Aufmerksamkeit die nach Ihrem Gewinn des goldenen Ottos kam, begannen sie in immer grösseren Hallen aufzrtreten, durch England, Deutschland, Australien usw - obwohl sie sich manchmal gerne an die alten Club-Zeiten zurückerinnerten. Bild DDDBMT live in den 60ern Selbst in den grossen Hallen mit mehr als 10.000 Leuten spielten sie noch immer mit einer 200- oder 400-Watt-Beschallungsanlage ! Damals spielten sie tatsächlich ein wildes 90 Minuten Set (während die Stones nur 45-Minuten-Sprints spielten) und warfen sich noch immer gegenseitig auf der Bühne umher. Es machte das Publikum wild. Sie brauchten sogar Bodyguards - dennoch schafften es die hysterischen Fans, ihnen immer noch ihre grellbunten Klamotten vom Leib zu reissen: Im Rückblick war das eine gigantische verrückte Party !

Zurück im Studio starteten sie mit einer Serie absolut einzigartiger, komplexer und ambitionierter Songs, wieder clever geschrieben von Howard & Blaikley. Sie hatten jetzt mehr Einfluss auf die Sound Arrangements bekommen und so begannen sie das Grundpersonal mit Streichern und Hörnern, Blechbläsern und Soundeffekten zu ergänzen. Ihr akustischer Wagemut kannte keine Grenzen - Bild Notenblatt Zabadak für die kommende Single "Zabadak" verwendeten sie echte Afrikanische Trommeln und Jungle-Soundeffekte - und entwarfen sogar ihre eigene Kauderwelsch-Sprache für das Lied ! Nur schade dass die ursprünglich aufgenommenen Rhythmus-Passagen nicht für die Endversion verwendet werden konnten - aufgrund der Mittagshitze hatten sich diese Afrikanischen Trommeln verstimmt und sie mussten alles nochmal von vorne aufnehmen, waren aber nie mehr in der Lage, den originalen Sound wiederzuerlangen.
Dennoch machte der satte tropische Sound kombiniert mit mehreren Gesangs-Schichten (mit Mitgliedern von the Herd und Family Dogg im Chor) den Song sehr beliebt - die zweite Glückssträhne der Band startete damit im Herbst 67 als die Single auf #6 in Deutschland kletterte und sogar #3 in Grossbritannien. Selbst in den USA wurde sie ihr einziger kleiner "Hit", für 6 Wochen blieb sie in den Charts und kam bis auf #52 - wenigstens ein mittelmässiger Erfolg dort.

Die Rückseite war ein verblüffend psychedelisches Stück geschrieben von Dave, Dozy und Beaky mal wieder, mit Gregorianischen Gesängen durchsetzt mit Wah-wah. Dave Dee über ihre eigenen Songs: "Zwischen Pop und Heavy Metal gab es zu der Zeit diesen Stil namens Psychedelic - einige unserer Lieder waren in der Richtung. Damals fühlten wir, dass die Band in der Lage war mehr zu können, auch wenn diese Megahits interessant waren und Spass machten. Aber unsere Songs auf die A-Seiten zu bekommen stand ausser Frage."

Bild DDDBMT TV Auftritt Zabadak Die Meinungen darüber, wie viel Kontrolle Howard & Blaikley wirklich über die Songs hatten sind geteilt - normalerweise sind sie mit einer Idee angekommen, haben Jack Baverstock ein schwaches Demo vorgespielt (das sie selbst gemacht hatten) und der entschied dann ob der Song aufgenommen wurde oder nicht - aber in 67 haben sie ihren Einfluss auf die Arrangements der Lieder ausgedehnt - dennoch wurden alle Hits noch immer mit der Band abgesprochen und die Jungs haben auch selbst einiges geändert und angepasst, ausser natürlich an den Orchesterpassagen.

Dave über die Aufnahme-Sitzungen: "Wir waren wohl ein wenig naiv und bemerkten nicht die Kraft der Band. Wir nahmen alle Songs in 3-Stunden-Sitzungen auf. Locker zweieinhalb wurden bereits für die A-Seite verbraucht so dass nur noch eine halbe Stunde über blieb für unsere Rückseite."

Bild EP Loos of England So waren Howard & Blaikley also mehr oder weniger frei, das zu schreiben was ihnen in den Sinn kam - selbst wenn es ein Loblied auf Englands Toiletten war... "Loos of England" war bereits vorab auf ihrem zweiten Album aufgetaucht ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen - aber als es als Titellied ihrer einzigen UK-EP im Spätsommer 67 veröffentlicht wurde, enthielten manche Kritiken Kommentare dass Lieder wie dieses die "freche und amüsante Anstößigkeit" der Band aufzeigten !

Der Herbst 67 brachte ein interessantes Musik-Ereignis in Deutschland: Nach seinem regülären Auftritt jammte Jimi Hendrix noch in einem Frankfurter Nachtclub - und wurde tatsächlich von Dave Dee und Beaky auf der Bühne begleitet ! Beaky war am Schlagzeug und Dave sang, Noel Redding der eigentliche Bassist spielte Lead Gitarre - und Jimi Hendrix spielte Bass - rechtshändig ! Was ein Stück Rock-Geschichte !

Bild Notenblatt Xanadu Anfang '68 erreichte die Gruppe endlich ihren Höhepunkt - mit der ersten ihrer Mini-Opern - eine frische Art von Liedern, mit Texten die einen erzählenden Faden hatten - ein Stil der tatsächlich in den folgenden zwei Singles des Jahres weitergeführt wurde. Aber von allen Dreien wurde "The Legend of Xanadu" der Erfolgreichste - stieg schnell in allen Hitparaden nach oben - und wurde im Februrar 68 ihre erste (und einzige) #1 in Grossbritannien !
Bild Dave Dee Bild Dozy mit Sombrero Es war ein raffinierter, kraftvoller Song, mit Flamenco und einem 35-Mann-Orchester - aber die meisten würden niemals denken, dass das Lied praktisch live aufgenommen wurde in nur 30 Minuten - die eine ansonsten katastrophale Sitzung mit einem neuen Toningenieur beendeten. Zumindest alles ausser die Hintergrund-Passagen und das Peitschenknallen.
Bild Tich live bei Legend of Xanadu Die Peitschengeräusche waren - und sind es noch heute - das Markenzeichen des Liedes. Sie wurden mit einer komplizierten Technik erzeugt: sie haben eine Pedal Steel Gitarre verwendet, sind mit einem Metallröhrchen eine Saite schnell herabgeglitten, um damit diesen typischen whack-Sound zu erzeugen (ähnlich dem was Tich noch immer live mit einem Bottleneck an seiner Gitarre macht, nur umgedreht) und dann wurden direkt vor dieses Stück Sound zwei Holzblöcke hinzugefügt, die zusammengeschlagen wurden. Das wurde zusammengemischt mit allerhand Echo und dann rückwärts auf eine Viertel-inch-Bandspule gebracht - diese wurde dann bei jedem Refrain in die Aufnahme eingespielt - etwas wie heutige Sampling-Techniken. Aber tatsächlich ist jeder Peitschenknall einzigartig, da er während der kompletten Aufnahme jedesmal manuell eingespielt werden musste !

Bild Dave Dee mit Peitsche Aber was waren diese komplizierten technischen Details im Vergleich zu Dave der auf der Bühne tatsächlich eine Peitsche schlug ! Das Publikum begeistert sich noch immer für diese Besonderheit bei jeder Show, selbst bis heute noch - lediglich Dozy wird wohl eher schmezliche Erinnerungen daran haben - während der Proben für eine Show "Top of the pops" hat Dave ihn tatsächlich getroffen !
Dem Hit folgte eine 26-Tage-Tournee durch Grossbritannien - an der Seite der BeeGees, und mit einem prestige-trächtigen Auftritt in der Londoner Royal Albert Hall ! Inzwischen beruhten ihre Plattenwerbung und ihre Live-Auftritte mehr auf Kostümen und Drama als auf all den Comedy-Einlagen der früheren Jahre.
Manche mögen sagen dass es ein Problem war dass viele Elemente der Platten mehr oder weniger nicht reproduzierbar waren live auf der Bühne - frustrierend ? Nein - Tich: "Wenn Du heute einen Hit hast mit Streichern im Arrangement stellst Du einfach einen Keyboarder auf die Bühne. In den 60ern hatten die Leute die Lieder im Kopf wenn sie dich live sahen - du bist live nur mit drei oder vier Mann aufgetreten anstatt mit dem 60-Mann-Orchester aus dem Studio - und sie haben den Rest mit ihrer Fantasie gemacht.".

Im Mai 68 wurde ihr drittes Studio-Album "If No-One Sang" herausgegeben. Es bezog seinen wehmütigen Titel von einer Komposition die in zwei Hälften geteilt die übrigen Songs des Albums einschloss. Tatsächlich hatte ein poetischer Brief eines musikliebenden Fans den Text dieser Ballade inspiriert ! Bild LP Time to take off Auf dem Album glänzt sogar Dozy gleich zweimal als Leadsänger: "Mama Mama" und "Where From, Where To", ein sehr starkes Lied von Howard & Blaikley. Es enthielt auch wieder eine Gruppen-Komposition: Ein lustiges Lied namens "Mrs. Thursday" - und endlich fand auch einer ihrer Bühnenfavoriten aus alten Zeiten den Weg auf Vinyl: "If I Were A Carpenter". In den USA wurde das Album als "Time to take off" herausgebracht - nach dem Stück das Albert Hammond geschrieben hatte. Aber wie auch immer der Titel, es stellte sich als ihr stärkstes Album überhaupt heraus ! Eine absolut hochkarätige Mischung von Liedern, meistens von Howard & Blaikley geschrieben. In Deutschland erreichte es Platz 10 in den LP-Charts. Interessanterweise wurde in den USA die einzige Single mit einer A-Seite die tatsächlich nicht von Howard & Blaikley geschrieben war herausgebracht: "Breakout" von Illingworth/March.

Bild Werbung zu Soho Kurz nach dem Album wurde ihre nächste "Mini-Oper" auf den Markt gebracht: "Last Night In Soho" - ein dunklerer Song inspiriert von all dem Gerede über den Distrikt - Gangster-Aktivitäten, nicht jugendfreie Shows etc - erzählt die Geschichte eines Jungen Mannes der am Vorabend seiner Hochzeit zurück in die Kriminalität gelockt wird - im Juli '68 erreichte die Single #8 in Grossbritannien und ist nach wie vor Daves Lieblingslied - mit den ganzen überarbeiteten Stimmaufnahmen gab es perfekt die emotionale Zwickmühle des Mannes wieder und brachte die Geschichte zu einem auftosenden Finale - ihr achter Top Ten Hit !

Inzwischen bekamen sie stetig mehr Anerkennung unter der progressiven Rock Szene. Und Ende September gingen sie für ein 4-Tage-Konzert nach Wien, mit Soul und R&B-Stars wie Ray Charles und den Supremes. Sie nahmen auch eine EP mit diesen zusammen auf: Ein Werbelied für Coca-Cola: "Things go better...". Die EP war eine limiterte Promo-Auflage und ist noch immer als ein seltener Schatz angesehen. Auf der Rückseite ist noch ein weiterer, amüsanter Titel von den Dozies: "I´ll love you".

Bild Kolumne Dave Dee Was machten die Jungs sonst noch ? Howard & Blaikley´s zweite Band, the Herd wurde ebenfalls von Steve Rowland produziert, so haben Dave Dee und die anderen immer mal ein paar Backings auf deren Platten gesungen, während Mitglieder von the Herd im Hintergrund einiger der Dozies-Platten auftauchten. Dave begann auch im Teenagermagazin "Fabulous" eine reguläre Ratschlags-Kolumne zu schreiben.

Bild DDDBMT TV Show Eine wilde Reise durch die verschiedensten Stile brachte Howard & Blaikley auf die Idee, sie könnten für ihre letzte Single in 68 einen Song im Stile der Beach Boys versuchen: "Wreck Of The Antoinette", das von einem sinkenden Schiff handelte - mit Dozy der für das Intro Shakespeare zitierte, erreichte Platz 14 in UK.

Obwohl Xanadu, Soho und jetzt Antoinette wohl Rowlands ausgeklügelste und dramatischste Produktionen waren, wurden die Jungs unzufrieden - der prinzipielle Sound der Band war verlorengegangen, harte Drumbeats waren durch mehr und mehr Harmonie-orientierte Chor-Passagen ersetzt worden und die niedrige Chartpositon dieser letzten Single war ein sicheres Zeichen dass das Interesse an dieser essentiell Hit-Single-orientierten Band langsam nachliess.

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[Letzte Aktualisierung dieser Seite 30-Apr-07]